Oh Transsib! Du letztes aller großen Abenteuer. Du Sehnsucht der Wilden und ewig Unruhigen!
Viele wundersame Geschichten ranken sich um diese endlose Zugreise, die durch Landschaften führt, die man sich nur eisbedeckt und von Pelzmützenträgern besiedelt vorstellen kann.
Wir wollten es hautnah erleben das Transsib-Abenteuer. Nicht im Touristenzug, sondern da, wo es passiert: in der „Platzkartny“ in der 3. Klasse.
Hier erfahrt ihr wie es einem wirklich geht im Zug. Im Sommer. In Sibirien wenn…
..die Luft nach 50 Portionen Ramennudeln glutamatgeschwängert durch den Wagon wabert.
…du aus dem Fenster schaust und alles, was du siehtst endlose Birkenwälder sind. Und ab und zu eine vereinzelte Kiefer.
…du nachts zum 20. Mal hochschreckst, weil einer der Mitreisenden auf dem Weg zur Toilette die Wagontür mit Schmackes zufallen lässt.
…dir der Rücken wehtut, weil die Pritschen zu kurz und zu schmal und die Matratzen zu dünn sind.
…du dich beim Kontrollgang der Wagonschaffnerin ganz ruhig verhälst um ja nicht aufzufallen und ihrem strafenden Blick ausgesetzt zu sein.
…du dich nachts plötzlich festhalten musst, weil der Zug sich anfühlt, als ob er schon lange nicht mehr über die Gleise, sondern über einen holprigen Acker fährt.
…du der Schaffnerin mit verzweifelter Zeichensprache erklären musst, dass du keine Souvenirs vom Baikalsee (den du bist jetzt noch nicht gesehen hast) kaufen möchtest, nur weil du der einzige Tourist im gesamten Wagon bist.
…du dir deiner Gesäßknochen schmerzlich bewusst wirst, weil du schon seit Stunden nicht mehr aufgestanden bist.
…du fast erstickst und dann feststellen musst, dass das Fenster nicht aufgeht.
Und dann wenn…
…du schnell aus dem Zug springst um dir auf dem Bahnsteig ein Eis oder eine leckere Teigtasche zu kaufen.
…du genüsslich Buch Nummer 5 aufschlägst und deine 7. Tasse Tee dazu schlürfst.
…du den ganzen Tag in Jogginghose herumsitzt und damit absolut dazugehörtst.
…du inmitten der Birkenwälder entzückende bunte Holzhäuschen auftauchen siehst und dich fragst, wie wohl ein Leben in Sibirien sein könnte.
…das beruhigende Rattern des Zuges dich in den Schlaf singt und morgens auch wieder aufweckt.
…du eine Mitreisende beobachtest, die liebevoll das Abendbrot für ihre Kinder zubereitet.
…du dem Fotografen dabei zusiehst, wie er begeistert seine Kamera zückt, weil die Birken jetzt im Abendlicht stehen.
…du auf die Uhr guckst und siehst, das der Zug schon wieder eine Zeitzohne durchflogen hat und dich daran erinnerst, das jede Zeit gut ist für die nächste Tasse Tee.
…die Wagonschaffnerin dir ein Lächeln schenkt.
…doch ein Fenster aufgeht.
Dann bist du mittendrin im Transsib-Abenteuer in Sibirien und willst mit niemandem tauschen!
Vielen Dank an Michael für die Bilder!
oohh, wunderschön geschrieben! Da packt mich auch die Lust mitzufahren! In vielen Punkten erkenne ich meine Fahrten durch die Ukraine wieder, besonders bei „…du dich nachts plötzlich festhalten musst, weil der Zug sich anfühlt, als ob er schon lange nicht mehr über die Gleise, sondern über einen holprigen Acker fährt.“! 🙂
Ich wünsche euch noch ganz viel Spaß und freue mich auf weitere Berichte!
Liebe Grüße aus Berlin,
Ana
Vielen Dank! ?