Je schwangerer ich werde, desto mehr frage ich mich, wie weit wir bisher gekommen sind mit der Emanzipation.
Als ledige, kinderlose Frau hatte ich das Gefühl sehr weit. Ich durfte mir meinen Job aussuchen, ich stand auf eigenen Füßen, ich konnte frei entscheiden, ob ich morgen kündigen und nach Alaska auswandern oder zum Abendbrot lieber Cocktails trinken gehen wollte.
Jetzt bin ich plötzlich verheiratet und schwanger. Was beides wunderbar ist! Was mich aber auch daran erinnert, dass wir Frauen noch einen weiten Weg vor uns haben.
Wieso kann es zum Beispiel sein, dass ich meinem Mann gegenüber ein schlechtes Gewissen habe, nur weil ich mittlerweile im Schneckentempo Fahrrad fahre und er sich meinem Tempo anpassen muss? Oder weil ich kurzfristig Gäste wieder ausladen möchte, weil ich einen „Heultag“ habe?
Ich ernähre und trage unseren gemeinsamen Sohn und halte mich an alle Einschränkungen, die das mit sich bringt und trotzdem erwarte ich von mir selbst nach wie vor top zu „funktionieren“.
Wieso Schwangere, gerade weil sie die Entscheidung für Kinder heute ganz bewusst treffen, nicht täglich als Heldinnen gefeiert werden, verstehe ich nicht. Im Gegenteil, mittlerweile habe ich Männer erlebt, die ihrer Schwangeren Partnerin vorhalten mit ihren Hormonschwankungen doch ganz schön zu nerven. Was habt ihr nur immer alle mit den Hormonen? In einem Fall war die arme Frau schwanger mit Zwillingen und hatte schon ewig keine Nacht mehr durchgeschlafen! Zeigt mir den Mann, der in einer solchen Situation fröhlich und entspannt bleibt.
„Ich bin schwanger und nicht krank“ habe ich mir selbst oft genug gesagt und mich bemüht fit und fröhlich und unterhaltsam zu sein. Bloß nicht das schwächste Glied in der Kette sein, bloß kein Spielverderber sein.
Da sind so viele Ängste, die gar nicht so viel mit dem Mutter werden zu tun haben. Zum Beispiel die Angst all meine kinderlosen Freunde nach der Entbindung sofort zu verlieren. Diese Ängste werden geschürt durch Aussagen wie. „Ach schade, dann seid ihr auch weg vom Fenster“ oder das betretene Schweigen in der Runde, wenn eine Freundin ihr müdes quengeliges Kind beruhigt oder die Tatsache, dass man von einigen nicht mehr als vollständiger Mensch mit potenziellem Unterhaltungswert angesehen wird, sondern nur noch als wandelnder Riesenbauch „und, wie geht’s dir so? (Blick auf den Bauch)“. „Wie lange ist es denn jetzt noch?“, „Habt ihr schon alles besorgt und vorbereitet?“. “ Ahja, na dann weiterhin alles Gute“. Okay, ist ja ganz nett nach meinem Befinden zu fragen, aber danach so zu tun als wären die Themen erschöpft und einfach weiterzugehen? Es passiert doch gerade so viel auf der Welt! Denkt ihr, dass mich das nicht interessiert? Dass ich nicht mit euch darüber diskutieren möchte, nur weil ich jetzt einen dicken Bauch habe?
Ich kann noch nichts sagen über ein Leben mit Kind (außer, dass es ein Leben sein wird indem wir endlich wieder Räucherfisch und Rohmilchkäse im Kühlschrank haben werden!) aber ich vermute, dass ich auch nach der Entbindung immer noch derselbe Mensch sein werde, also bitte: redet nicht nur über Windeln und Babyschwimmen mit mir ja?