Das Moskau es nach St. Petersburg nicht leicht haben würde, war ja von Anfang an klar. Ich erwartete Lärm und Hetze, Gestank und Wolkenkratzer. Trotzdem machte ich mich bereit dafür, in all dem überwältigenden Großstadtwahnsinn irgendwo Moskaus Seele hervorschimmern zu sehen.
Ich begab mich also auf die Suche:
In den wunderschönen Metrostationen, deren Pracht niemand in Ruhe betrachten kann, weil alle sofort hinweg geschwemmt werden.
Der Strom von Menschen, die durch die kronleuchtergeschmückten Schächte hetzen, scheint nie zu enden. Und so lässt man sich einfach treiben, durch die Schönheit, durch den Krach, bis man irgendwo wieder ausgespuckt wird. Auf der Straße, wo ich weiter suchte, bevor ich schnell wieder im Untergrund verschwand um der sechspurigen Blechschlange zu entkommen, die sich unter durchdringendem Hupgetöse durch die Stadt schlängelt.
Ich habe Moskaus Seele auf dem Roten Platz gesucht. Dort, wo die bunte Basilius Kathedrahle von Touristen mit Selfiesticks umringt wird, wo Menschenströme das Kaufhaus GUM erobern und mit einem Eis in der Hand wieder verlassen. Wo der Kreml bescheiden und doch so mächtig über die Mauer lugt und Lenins Leiche in einem unförmigen Klotz Architektur Zuhause ist.
Gesucht habe ich auch in den Souvenierläden, die neben Millionen von Matrjoschkas auch Fanshirts des Russichen Präsidenten verkaufen.
Ich habe auch noch gesucht, als ich mir auf der anderen Seite des Kreml das Lachen verkneifen musste, weil ein eifriger Wachsoldat ein Kind zurückpfiff, das auf einer Mauer saß. Und dann, als ich endlich in der alten Arbat Straße vor einem großen Teller Pelmeni zu Ruhe kam.
Vielleicht ist es die alte Arbat, die mir einen Schnipsel von Moskaus Seele zeigen kann, denn sie ist so lebendig voll von allem. In ihr zeigen kitschige Airbrushkünstler und coole Breakdancer nebeneinander ihre Künste. Hier trinkt die Millionärsgattin mit ihrem Geliebten prikelnden Krimsekt, während eine gepiercte Göre auf der anderen Straßenseite Punkrock gröhlt.
Hier tragen die jungen Russinen ihre neuesten Schuhe und ihre buntesten Kleider spazieren und bullige Biker stellen ihre schweren Maschinen mitten in den Weg.
Ja, das Gefühl von warmen Pelmeni im Bauch, ungeduldiges Hupen im Ohr und kurioses Treiben vor den Augen, das ist Moskau. Vielleicht.
Vielen Dank an Michael für die Bilder!