Damit hatte ich nicht gerechnet: nach Russland zu fliegen und auf Anhieb begeistert zu sein. Ich hatte mich eher auf mühsames Eingewöhnen eingestellt, dachte man müsste sich langsam an russische Eigenarten gewöhnen. Ich hatte erwartet mich fremd zu fühlen, mit all der fremden Sprache, die ich noch nicht mal richtig lesen, geschweige denn aussprechen kann.
St. Petersburg hat keine meiner Erwartungen erfüllt. Es ist anders. Anders als ich dachte. Anders als das Bild von Russland, das in meinem Kopf herumschwebte.
Die Kulisse
St. Petersburg ist eine Mischung aus Berlin vor 20 Jahren und Venedig heute. Paläste, Prachtbauten, heruntergekommene, ehemals noble Mietshäuser und Wasser, Wasser, Wasser auf dem unzählige Touristenbote unterwegs sind. Nein keine Gondeln, aber immerhin. Wie in Venedig schlängelt man sich durch bunte Straßen und über schmale Brücken, wie in Berlin muss man vorsichtig sein beim überqueren der breiten Boulevards.
Das Herz der Stadt ist der Nevski Prospekt und allein hier könnte man schon seinen gesamten Aufenthalt damit verbringen die Schattenseite auf- und die Sonnenseite abzuwandern und all das bunte Leben in sich aufzusaugen.
Die Menschen
„Nach Russland willst du?“ Haben viele gesagt. „Na, kannst du denn Russisch?“ Und dann der zweifelnde Blick, wenn ich die Frage verneinte und die Beruhigung, wenn ich daraufhin verriet, dass aber immerhin der Fotograf Russisch in der Schule gelernt hätte.
Die Menschen in St. Petersburg, zumindest die, mit denen wir zu tun hatten, können recht gut Englisch. Wenn sie nicht so gutes Englisch können, freuen Sie sich über halbrussisches Geradebreche und entschuldigen sich für ihr fehlendes Englisch. Oft. Und sie sind alle sehr freundlich. Und das obwohl mir doch mal jemand erzählt hatte, dass die Russen zu Fremden grundsätzlich erstmal unfreundlich seinen und man sich nichts draus machen soll, wenn einen niemand grüßt. In St. Petersburg grüßen alle!
Das Essen
Was das Essen angeht hatte ich vor der Reise beschlossen ganz anspruchslos zu sein. innerlich bereitete ich mich auf sechs Wochen Fleisch und Teigwaren mit einer gelegentlichen Borschtsch-Unterbrechung vor und traute dann meinen Augen nicht:
St. Petersburg ist, genauso wie seine Schwestern Venedig und Berlin ein Mekka für Genießer! Die ganze Welt ist hier in Restaurantform vertreten, sogar Deutschland in Form des hippen „Café Mitte„.
Frühstücken kann man wunderbar in eben jenem oder in der Carbonara Bar. Vegetarier kommen im Café Botanica auf ihre Kosten und die Fleischesser sollten sich das großartige Boeuf Stroganoff im Мы Же На Ты auf keinen Fall entgehen lassen.
Einheimische bevölkern in den Abendstunden, die Uliza Rubenstein, in der sich auch das vielgelobte jüdische Restaurant Bekitzer befindet. Es wurde uns sogar von mehreren Seiten empfohlen, ist aber regelmäßig so überfüllt, dass es uns nicht gelang einen Tisch zu ergattern.
Alle drei Monate findet außerdem der „Restaurant Day“ statt und verwandelt St. Petersburg in einen großen Streetfood/Guerillakitchen-Markt.
Die Kreativszene
Wir haben uns zweieinhalb Stunden lang in Wettläufertempo von Olga durch die Stadt führen lassen.
In versteckten Hinterhöfen, auf sonnigen Dachterassen und in alten Fabrikgebäuden formiert sich gerade die St. Petersburger Kunstszene neu. Hier gibt es hippe Cafés, Galerien, vegane Restaurants, moderne Coworking-Spaces, Technoclubs und kleine Independent-Kinos zu entdecken, die man ohne Hilfe kaum finden würde. Falls du es doch probieren möchtest, hier ein paar Links:
http://www.loftprojectetagi.ru/en/
https://www.facebook.com/WERT159
Fast nichts ist ausgeschildert. Meistens tritt man von der Straße durch eine unscheinbare Tür und ist plötzlich in einer anderen Welt.
Die Hostelszene
In Russland sind Hostels noch ein recht neues Konzept und scheinen, zumindest in St. Petersburg, eher Kunst- bzw. Designprojekte zu sein, als einfache Billigunterkünfte. Wir haben im Fall in Love Hostel übernachtet und waren sofort begeistert von der liebevollen Einrichtung, den frischen Blumen, der gut ausgestatteten Küche und den immer freundlichen und hilfsbereiten Mitarbeitern.
Fazit
Natürlich gibt es noch viel viel mehr zu sehen und zu erleben in St. Petersburg. Wir haben es in unserer knappen Zeit nicht geschafft auch nur ein Museum von innen zu sehen. Es lohnt sich herzukommen auch für länger und am Besten mit reichlich Platz im Gepäck, damit man ordentlich shoppen gehen kann!
Wow, dein Eindruck von St. Petersburg klingt ja sehr vielversprechend – ich bin schon sehr gespannt, was mich erwartet! So eine Walking Tour werde ich wahrscheinlich auch machen, um einen besseren Einblick ins ‚reale Leben‘ dort zu bekommen.
Bin gespannt auf weitere Beiträge – ich reise dir ja quasi „hinterher“. 😉
Die Tour war echt toll! Mach sie am Besten gleich am Anfang, falls du noch mal zurückkommen und stöbern möchtest. Olgas Tempo hats echt in sich!
Liebe Grüße
Sophia