Zaghaft schwinge ich mein rechtes Bein über den Rücken des Kamels, welches mich arrogant von der Seite anschaut als ob es sagen wollte „Willst du das wirklich?“. Ich weiß es selber nicht so recht, aber klein beigeben möchte ich jetzt auch nicht mehr. „Halt dich gut fest“ ruft unser Guide sobald ich auf dem breiten Rücken platzgenommen habe „die Viecher schaukeln ganz schön beim Aufstehen!“. Unbeholfen halte ich mich an der bunt gewebten Satteldecke fest und zittere leicht als das riesige Tier langsam aufsteht. Huch ist das hoch!
Meine Reiterfahrung scheint mir hier nichts mehr wert zu sein. bei einem Pferd kann man wenigstens die Stimmung an den Ohren ablesen. Woran sieht man wie es einem Kamel gerade geht? Vielleicht will es wegrennen? Oder sich gleich wieder hinlegen? Die kleinen puscheligen Ohren bewegen sich nicht.
Direkt neben meinem Oberschenkel taucht der Kopf des nächsten Tieres auf ein wunderhübsches weißes Kamel, das „Schneewittchen“ genannt wird. Es schielt mich misstrauisch an und schnauft ungeduldig. Beißen Kamele eigentlich? Oder spucken sie nur?
So langsam traue ich mich meinen Griff etwas zu lösen und meine Beine locker baumeln zu lassen. Vorsichtig fasse ich in die streng riechende Wolle, die von dem Höcker vor meiner Nase in alle Richtungen absteht. Ob Kamele gerne gestreichelt werden? Meins trottet weiter unbeeindruckt dahin. Schneewittchen kommt meinem Oberschenkel immer näher und sabbert dabei. Sie scheint mit dem Tempo nicht ganz einverstanden zu sein.
Mutig drehe ich mich um und halte nach dem Fotografen Ausschau. Er hält eine Kamera in der Hand, ihm geht es also auch gut. Mittlerweile fange ich an diesen Ritt auf dem Wüstenschiff zu genießen. In der Ferne leuchten die Sanddühnen, vor uns treiben zwei kleine Jungs auf einem Moped die Ziegenherde zusammen und über uns kündigen sich die ersten Sterne an. Ein typischer Gobi-Abend. Ich gebe mich dem sanften Schaukeln hin und fange an zu träumen. Wie wäre es wohl als Nomadin zu leben? Mit einer Jurte und einer Ziegenherde? Es gibt so einiges, was wir von den Mongolen lernen können denke ich. Ich denke auch darüber nach, wie anpassungsfähig wir als Menschen doch sind. Wie schnell man sich an Plumps- oder gar keine Klos gewöhnen kann, wie selten man eine Dusche vermisst oder überhaupt fließendes Wasser. Und wie… „hey, da seid ihr ja wieder!“ begrüßt uns unser Guide „war es schön?“ „Wunderschön“ rufe ich, während Schneewittchen neben mir mürrisch grunzt.
Mit königlicher Erhabenheit gehen unsere neuen Kamelfreunde mit uns in die Knie und beobachten gelangweilt wie wir ungeschickt absteigen. „Aua“ ruft Ben, ein lustiger Franzose, entsetzt. „Tut euer Hintern auch so weh?“ „Geht eigentlich“ antworten ich und die einzige andere Frau wie aus einem Mund und sehen amüsiert dabei zu wie die Männer mit schmerzverzerrtem Gesicht davonhumpeln.
Bens Kamel sieht aus, als ob es leise lächelt.