Die Sonne steht hoch am blauesten aller Himmel und bringt den riesigen See zum glänzen, so dass er wie ein überdimensionaler Spiegel daliegt. Am anderen Ufer erhebt sich schwach die Silhouette einer Bergkette über dem weißen Dunst.
Auf der Wiese am diesseitigen Ufer hat sich eine Herde Pferde versammelt und trägt hier spielerisch ihre Hierarchiekämpfe aus. Neben mir liegt ein Hund und macht kurz Pause. Er scheint der Anführer des kleinen Rudels zu sein, dass hier im Dorf den ganzen Tag damit beschäftigt ist in der Sonne zu liegen, in alle Ecken zu schnüffeln und Mopeds und Quadbikes zu markieren.
Wenn ich jetzt noch schreibe, dass auch die Kühe hier frei mitten durchs Dorf laufen, dann glauben wahrscheinlich alle, dass ich in eine Filmkulisse geraten bin. Oder dass wir einen Abstecher nach Indien gemacht haben.
Nein, wir sind am Baikalsee in dem kleinen Dörfchen Bolschije Koty. Ein bisschen sind wir aber auch in Indien, denn unser Gastgeber hat uns in einer alten Hütte untergebracht, die von außen, wie eine russische Datscha und von innen wie ein Zimmer in einem Yoga Retreat aussieht.
Abgesehen von Indien, das hier wohl erst vor kurzem Einzug hielt, fühlt sich dieser Ort so an, wie die Geschichten unserer Großmütter. Wie frischer Apfelkuchen und gestärkte Leintücher, wie Geschichten am Kaminfeuer und Pilzesammeln im Birkenwald.
Man fühlt sich hier, nein ich fühle mich hier geborgen. So als ob ich schon heute weiß, was morgen passiert, alles im Rhythmus der Tages- und Jahreszeiten, alles uralt und immer wieder neu.
Zum Essen gehen wir immer zu Natascha und ihrer Tochter Nadja, die so gut und so vertraut kocht, wie es auch nur unsere Großmütter konnten.
Natürlich ist da auch ein großer Tisch an dem wir uns alle dreimal am Tag versammeln. Wir die es zufällig alle zur gleichen Zeit gefunden haben dieses Paradies. Da sind die russischen Familien, die mit Gitarre und Wodka den Abend am Lagerfeuer ausklingen lassen und da sind wir die Deutschen, Schweizer und Holländer, die all dieses Ursprüngliche schüchtern und gleichzeitig gierig annehmen und nicht wieder loslassen wollen. Wir, die staunend die Pferdeherde beobachten, stundenlang auf den glänzenden See starren und unsicher in dem kleinen Laden/Café/Dorfmittelpunkt stehen und nicht genau wissen ob wir von der stämmigen Verkäuferin gerade herzlich willkommen geheißen oder ausgeschimpft werden.
Zweimal am Tag legt das Boot an und spuckt neue Urlauber aus. Zweimal am Tag fährt es wieder ab und muss neben Menschen auch Müll und Einkäufe der Dorfbewohner befördern. Die restliche Zeit über ist es ruhig hier. Und unglaublich friedlich.
liebe sophia, bin über deinen instagram account (ja, hashtags bringen tatsächlich was :)) auf deinen blog gestolpert! danke für die schönen texte und tollen inspirationen!
werde in einer woche am baikalsee sein und wohl auch in das Dörfchen schauen… Kannst du mir vielleicht Tips bezüglich Unterkunft geben? Wie hast du die gefunden? Das klingt nämlich ganz herrlich… Und ist die kochende Natascha jene vom Chalet? (Überlege mich dort einzuquartieren…) Würde mich sehr über deine Hilfe freuen. Ganz liebe Grüße aus Kazan von einer Fellow-Transsib-Reisenden, Magdalena
(bin auch gerne über Instagram erreichbar @viertewand, habe dir dort eh auch geschrieben, diese Comment-Konversationen sind aber immer ein bisschen strange)
Ja, Natascha ist die vom Chalet – total nett! Wir konnten leider nicht dort schlafen sondern waren im Hostel „Lisnaya 7“. Sorry für die späte Antwort – kein guter Empfang in der Gobi ?.
Liebe Grüße
Sophia